Stellungnahme der Fraktion BÜNDNIS 90/Die Grünen im Rat der Gemeinde Kirchhundem zum Haushaltsentwurf 2022
– Es gilt das gesprochene Wort –
Sehr geehrte Damen und Herren, Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
Wir möchten uns zunächst bei der Kämmerin und den Mitarbeitenden der Verwaltung für die Erstellung des Haushalts und die gute Zusammenarbeit bedanken.
Dem Entwurf des Haushalts für das Jahr 2022 entnehmen wir, wie in den vergangenen Jahren auch, eine defizitäre Ausrichtung. Dem Gesamtbetrag der Erträge in Höhe von 25.766.080 € stehen Aufwendungen in Höhe von 26.967.546 € gegenüber. Der Fehlbetrag in Höhe von 1.201.466 € muss der Ausgleichsrücklage entnommen werden. Die Ausgleichsrücklage als Stabilisierung für den Haushalt ist somit weiter in einem Abwärtstrend gefangen.
Doch trotz der sinkenden Ausgleichsrücklage und einer insgesamt eher pessimistischen Perspektive sinken die Schulden der Gemeinde Kirchhundem und zumindest kurzfristig sind keine umfangreichen Liquiditätskredite nötig. Im Jahr 2022 werden wir einen Schuldenstand von knapp 3,5 Millionen erreicht haben. Die Schulden pro Einwohner liegen somit auf einem äußerst niedrigen Wert von knapp 300 € pro Person. Damit liegen wir als Gemeinde unter den TOP 30 Kommunen in Nordrhein-Westfalen. Der Durchschnitt der kommunalen Pro Kopf Verschuldung lag in NRW im Jahr 2018 bei 2875 €.
Der Gemeinde Kirchhundem geht es also nicht so schlecht wie vielfach postuliert wird. Im Vergleich mit vielen anderen Kommunen geht es uns sogar außerordentlich gut. Unsere Probleme sind anderer Natur.
Das Eigenkapital der Gemeinde Kirchhundem lag 2020 auf einem Höchststand von etwa 37 Millionen. Bis zum Jahr 2025 wird dieser Wert prognostiziert auf unter 30 Millionen sinken. Der Investitionsstau bei gemeindeeigenen Mitteln ist gigantisch und die zurückhaltende Einstellung zu Investitionen trägt zu dieser Entwicklung bei. In den vergangenen Jahren konnte die Gemeinde viele gute Fördertöpfe abgreifen und dadurch kleine beispielhafte Projekte durchführen. Doch dass wir zu stark auf Fördermittel angewiesen sind, haben wir schmerzlich bei der Neuentwicklung des Kleinspielfeldes in Hofolpe oder der Feuerwehr in Brachthausen erfahren müssen. Wir reagieren auf Fördermittelentscheidungen statt selbstbewusst und eigenständig zu agieren und Investitionen ohne Abhängigkeit von der Bezirksregierung zu machen
Wir dürfen die Entwicklung unserer Gemeinde nicht in die Hände von übergeordneten Entscheidungsträgern legen.
Meine Damen und Herren,
Die Corona-Pandemie hat uns getroffen. Die finanziellen Auswirkungen sind hoch, doch mithilfe der Corona-Bilanzierung können wir die entstandenen Kosten auf die nächsten Jahre abschreiben. Die Kosten werden der nächsten und übernächsten Generation aufgebürdet. Wir haben bereits mehrfach ausgeführt, dass wir diese Taktik nicht für sinnvoll und erst recht nicht für fair halten. Vor allem vor der Hintergrund der sich deutlich positiv entwickelnden Gewerbesteuereinnahmen. Für das Jahr 2022 sind Einnahmen über die Gewerbesteuer in Höhe von 8,5 Millionen geplant. Damit schließen wir ansatzweise wieder an der Niveau vor der Pandemie an.
Doch die Unternehmen rufen seit vielen Jahren nach Raum zur Entwicklung. Gewerbeflächen sind im Gemeindegebiet Mangelware und sollten dringend ausgewiesen werden. Das hat auch die Grüne Fraktion erkannt. Doch können wir nicht einfach zur sinnlosen Flächenversiegelung zurückkehren, wie wir sie in den vergangenen Jahren praktiziert haben. Die Entwicklung der Gewerbeflächen muss an die Gegebenheiten einer nachhaltigen und flächenschonenden Ausweisung angepasst werden. Wir werden uns in den kommenden Jahren für eine klimaschonende Gewerbeflächenentwicklung stark machen. Neubau und Erweiterung im
Gewerbebereich muss an Klimaneutralität gekoppelt sein. Darüber hinaus muss auf jedem Neubau und bestenfalls auch auf vorhandenen Gebäuden eine Installation von Photovoltaikanlagen geprüft werden. Dazu gehört auch Parkplätze nicht als reine Flächenversiegelung zu verstehen, sondern in der naturschützenden Gestaltung mitzudenken.
Doch die Erreichung der Klimaneutralität und die Nutzung der Erneuerbaren Energien darf nicht alleine den Unternehmen aufgebürdet werden. Die Pro-Kopf Emissionen von derzeit über 11 Tonnen in Deutschland sinken nicht von alleine. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien ist eine Möglichkeit. Die Gemeinde kann ihrer an Verantwortung an dieser Stelle mit einer ausreichenden Photovoltaikförderung für die Bürger zumindest teilweise gerecht werden. Die Neuerrichtung einer Photovoltaikanlage sollte mit mindestens 1000€ gefördert werden.
Für die Finanzierung benötigen wir keine vollkommen überzogene Hundesteuer.
Wir möchten dem Bürger kein Geld wegnehmen, um es ihm an anderer Stelle stolz in einem Förderprogramm für Photovoltaik erneut zu gewähren.
Meine Damen und Herren,
Um vernünftig erneuerbare Energien zu entwickeln, brauchen wir ein Gesamtkonzept. Wir müssen Kenntnisstand haben, über unseren Energieverbrauch, unsere Emissionen und alle klimaschädlichen und klimaförderlichen Auswirkungen, um dann die Energiebilanz für die Gemeinde Kirchhundem zu präzisieren und beispielsweise strukturiert Windkraft in Zusammenarbeit mit Investoren auszuweisen. Eine Photovoltaikförderung ist der erste Teil eines Gesamkonzeptes. Doch nun zur Windkraft.
Vor etwa einem Jahr haben wir einem Bürgerwindpark die Zusage verweigert und wollen nun ohne rechtlichen Rückhalt selbstständig Windvorrangzonen ausweisen. Die Verwaltung schiebt die Verantwortung in die Hände der Politik. Nun sitzen wir als Laien zusammen und zeichnen auf einer Karte im Maßstab 1:20.000 mit Rotstift ein, wo wir gerne ein paar Anlagen hätten. Dabei sollten wir eine solche Entscheidung ohne entsprechendes Hintergrundwissen zu Windzonen, Höhenunterschieden und vielen weiteren Entscheidungskriterien überhaupt nicht treffen. Wir haben immer gefordert, endlich die Windkraftplanung in die eigenen Hände zu nehmen. Damit meinen wir jedoch nicht, dass wir Siedler von Catan auf der Karte der Gemeinde Kirchhundem spielen. Lassen Sie uns das Gespräch mit Investoren suchen und gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern und in fachlicher Begleitung passende Flächen suchen und mutig Einzelfallentscheidungen auf Basis der Energiebilanz zu treffen. So behalten wir die Planung in unserer Hand in Abhängigkeit von konzeptionellen Vorüberlegungen.
Dabei sollten wir nicht außer Acht lassen, dass neben der Möglichkeit der Windkraft auch Freiflächenphotovoltaik einen Platz in unserer Gemeinde haben kann. Das Klima zerstört nach und nach unsere Wälder und nimmt vielen Waldbauern die Existenzgrundlage. Hier könnten wir die Errichtung von großen Freiflächenphotovoltaikanlagen prüfen, evtl auch in einem Gesamtkonzept Erneuerbare Energien und mit Prüfung der vielen weiteren Möglichkeiten der nachhaltigen Energieerzeugung. Aus dem Kreis Olpe hört man, dass eine Eisspeicherheizung sehr gut geeignet ist.
Seit vielen Jahren haben wir ein Klimaschutzkonzept und ein personell stark besetztes Klimaschutzmanagement gefordert. Hoffentlich können wir das neue Jahr voller Tatendrang beginnen und die vielen Aufgaben angehen, die uns erwarten. Die Gemeinde muss sich genau wie EU, Bund und Land an der Klimaneutralität beteiligen. Ein erster Schritt ist die Darstellung der C02 Emissionen und des Energieverbrauchs im Haushalt. So können wir Schritt für Schritt nachvollziehen, welche Maßnahmen, welchen Nutzen haben. Lassen Sie uns gemeinsam das Klima schützen.
Meine Damen und Herren,
Zu Beginn unserer Haushaltsrede habe ich Ihnen von fehlenden Investitionen berichtet. Wir haben ein großes Tableau an Aufgaben vor uns liegen und müssen deshalb nicht feige auf Fördermittel warten. Wir brauchen Mut und Geld um für die Zukunft gerüstet zu sein. Klima, Corona und der demographische Wandel sind Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen. Und dafür dürfen wir Schulden machen. Wir stellen uns für die Zukunft auf.
Erlauben Sie mir noch einen Hinweis zum Schluss: Das Klima im Rat hat sich in dieser Legislatur stark verbessert. Doch auch jetzt haben einige Ratsmitglieder noch nicht verstanden, dass persönliche Anfeindungen hier fehl am Platz sind. Wir machen keinen Wahlkampf und der grüne Bär ist schon lange abgeholt. Wir machen nachhaltige und zukunftsorientierte Sachpolitk für die Bürger der Gemeinde Kirchhundem.
Der Haushalt ist ausführlich erstellt und in seiner Gesamtheit korrekt. Dennoch fehlt es an zukunftsweisenden Investitionen und Mut zu Entscheidungen. Die Grüne Fraktion wird dem Haushalt aus diesem Grund nicht zustimmen.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Mike Warnecke
Sprecher der Fraktion B90/Die Grünen Kirchhundem
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