Haushaltsrede Wenden 2023

Haushaltsrede 2023                                     Elmar Holterhof

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

sehr geehrte Damen und Herren des Gemeinderates,

verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer,

Wir leben in bewegten Zeiten. Manche sprechen von einer Zeitenwende und auch ich kann mich nicht daran erinnern, obwohl ich schon seit 1984 kommunalpolitisch aktiv bin, dass so viele Ereignisse auf einmal zusammen gekommen sind, die uns hier in der Gemeinde Wenden direkt betreffen.

Da ist immer noch das Corona-Virus, welches uns seit fast drei Jahren im Atem hält. Viele Menschen, auch hier in der Gemeinde, sind an diesem Virus verstorben. Viele Vereine haben es schwer, wieder auf die Beine zu kommen und viele Kinder haben sich nicht wie früher entwickeln können, weil sie sich nicht mit anderen Kindern treffen konnten. 

Da ist die Klimakriese, die immer sichtbarer zu Tage tritt. Hunderte von Hektar Fichtenwald sind der Klimaveränderung hier in der Gemeinde Wenden zum Opfer gefallen und es werden immer mehr. Aber das ist längst nicht alles. Viele Bäume leiden unter der Trockenheit und zum ersten Mal in der Geschichte sind Bäche in der Gemeinde, wie die Großmicke in Hünsborn, dieses Jahr trockengefallen. 

Da ist der unsägliche Angriffskrieg der Russen in der Ukraine. Über 200 Personen haben hier in der Gemeinde Wenden Zuflucht gesucht und diese auch bekommen. Hätten wir die vorbildliche Hilfsbereitschaft von vielen Familien hier in Wenden nicht gehabt, wir hätten diesen Flüchtlingen neben den 130 Asylbewerbern nicht so helfen können.

Da ist die Energiekriese die wir alle spüren. Die Heizungen, auch hier im Rathaus, werden runtergefahren. Die Gemeindeverwaltung wird nächstes Jahr 6,5-mal mehr für Gas ausgeben als dieses Jahr, was immerhin ca. 1,3 Mio. € beträgt. Wie gesagt in einem Jahr. Fast alle Bürger*innen in der Gemeinde sparen Gas, Öl und Strom und dennoch sind die Kosten immens. Jetzt rächt sich die Abhängigkeit von Öl und Gas. Ich denke, alle haben es begriffen, dass wir in Zukunft davon Abstand nehmen müssen, zum einem aus Kosten- aber zum anderen insbesondere aus Klimaschutzgründen. 

Da ist die hohe Inflation von über 10%. Die macht gerade jedem Sparer sein Guthaben 10% weniger wert. Mit der hohen Inflation steigen auch die Zinsen. Verlangten Banken noch zu Jahresbeginn im Schnitt etwa 1,0 Prozent für eine Finanzierung mit zehnjähriger Zinsbindung, waren es im Oktober schon mehr als 4,0 Prozent. Zudem hat sich das Bauen enorm verteuert, zuletzt lagen die Preissteigerungen für neue Wohngebäude weit jenseits der 15 Prozent.

Viele jungen Familien auch hier in der Gemeinde Wenden müssen ihre Finanzierung neu überdenken. So haben bspw. im Hünsborner Baugebiet „An der Wahre“ von 23 Käufern erst die Hälfte mit dem Bauen angefangen. Man muss damit rechnen, dass die andere Hälfte den Neubau nichtmehr finanzieren kann. Ein Einfamilienhaus kostet aktuell ca. 600.000,-€. Wer will solch eine Summe mit den hohen Zinsen finanzieren. Wir müssen unsere Strategie, fast nur Einfamilienhäuser in den Bebauungsplänen zu planen, überdenken und anpassen. 

Meine Damen und Herren, ich könnte noch weitere Fälle aufzählen wie z. B. den Arbeitskräftemangel oder die Lieferschwierigkeiten von Gütern aller Art.

Und in diesen bewegten Zeiten stehen wir von den größten Herausforderungen und Investitionen in der Geschichte der Gemeinde Wenden. Unter Berücksichtigung der vorher genannten aktuellen Themenfeldern müssen wir handeln. Über 100 Mio. € werden wir in den nächsten Jahren in die Zukunft der Gemeinde Wenden investiert. Da kann einem schon schwindelig werden. Aber es ist gut investiertes Geld. Ob Feuerwehrhäuser, Grundschulen, Gesamtschule mit Schwimmbad oder notwendige Entlastungsstraßen. Dies ist kein Luxus, sondern das sind die Kernaufgaben einer Gemeinde. Dies bauen wir für die Bürgerschaft der Gemeinde. Das jetzt alles zusammenkommt, liegt auch daran, dass z.B. die Neu- und Umbauten der Feuerwehrhäuser auf die lange Bank geschoben wurden. Nicht umsonst haben wir fast 30 Mio. € Rücklagen. 

Hinzu kommen noch die Anbauten an den Grundschulen. Die, wie gestern im Ausschuss für Bildung und Soziales berichtet, wesentlich höher ausfallen werden, wie die 6,5 Mio. € laut Investitionsplan. Alleine bei der Grundschule Rothemühle steigen die Kosten von 1,9 Mio. auf 4,2 Mio. €also mehr als das doppelte. Wenn sich das bei den anderen Vorhabenebenfalls so entwickelt, und die Preissteigerung ist nicht nur durch einen höheren Baupreisindex geschuldet, sondern durch zusätzliche „Wünsche“ dann sehe ich schwarz. Wir müssen bei allen Unwägbarkeiten das Machbare von den Wünschenswerten trennen. Und ich bitte um eine absolute Ausgabendisziplin. Ich habe zur Zeit den Eindruck, wir haben im Rathaus einen Goldesel, den habe ich aber noch nicht gefunden.

Und zur ganzen Wahrheit gehört auch.

Vor 6 Jahren haben wir die Ottfinger Grundschule geschlossen, dies war ein Kardinalsfehler, der uns jetzt auf die Füße fällt. Unsere Fraktion hat mit der Ottfinger Initiative Zahlen und Fakten erarbeitet und uns vehement gegen eine Schließung ausgesprochen. Damals hieß es von der Verwaltung „Wir brauchen nie mehr in Beton zu investieren“. Insbesondere diese Fehleinschätzung von der Verwaltung und die damalige Mehrheitsfraktion CDU haben uns diese teure Suppe beschert.

Wir werden in Zukunft nicht mehr so hervorragend dastehen, wenn es um die Schulden pro Kopf der Gemeinde geht. Den Bürger*innen müssen wir erklären, wofür wir die Gelder ausgeben und dass es sinnvolle Investitionen in die Zukunft sind. Auch werden wir zukünftig Prioritäten setzen müssen. Eine Erhöhung der Grundsteuer B um 10  auf 400 Punkte werden wir angesichts der immensen Investitionen mittragen. 

Die Müllgebühren werden beim Restabfall um 7,25% und beim Bioabfall um 15,07% steigen was eine Steigerung bei 120 Liter Tonnen um 19,20€ bedeutet. Bei den Abwassergebühren haben wir nach dem Oberverwaltungsgerichtsurteil rückwirkend für das Jahr 2022 eine Entlastung von 8,60€ und für 2023 eine Belastung von 36,80€ jeweils für die Musterfamilie.

Die Klimaagentur im Kreis Olpe hat eine Förderung für ein Standortkonzept für öffentliche Ladeinfrastruktur für den gesamten Kreis Olpe beantragt. In diesem Konzept wird für den Gesamtkreis der Bedarf ermittelt und die Netzinfrastruktur berücksichtigt. Weitere wichtige Punkte sind die Erreichbarkeit und Zugänglichkeit, der Platzbedarf, die Anzahl und Verteilung der Ladepunkte sowie die Identifizierung geeigneter Flächen und Standorte – vor allem auch von Schnellladesäulen. Sobald dieses Konzept nächstes Jahr vorliegt, soll über die Umsetzung entschieden werden.

Wir haben im letzten Jahr 100.000,-€ für Klimaschutz bzw. Klimafolgenanpassung für die nächsten Jahre in den Haushalt eingestellt. Mit einem Teil dieses Geldes wollen wir die Situation der öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur in der Gemeinde Wenden verbessern. 

Wir möchten uns im Jahr 2023 ganz bewusst auf Neubepflanzungen und den Erhalt von Bäumen in den Dörfern fokussieren. Hierzu möchten wir neben der Verwaltung auch die Vereine und Bevölkerung um Mithilfe bitten. Wir möchten eine Offensive für Klimabäume setzen. Denn gerade die Bäume haben in den letzten Jahren stark unter der Trockenheit gelitten. Viele Bäume sind abgängig, und wenn nicht jetzt beherzt nachgepflanzt wird, werden unsere Dörfer in mittlerer Zukunft ganz ohne große Schatten spendenden Bäume dastehen. Daher möchten wir den Vereinen auf ihren Vereinsflächen kostenlos Klimabäume zur Verfügung stellen. Die Gemeinde ist natürlich mit einer Vorbildfunktion auf ihren Flächen ebenfalls eingebunden. Auch Privatpersonen werden ermutigt auf ihren Grundstücken Klimabäume zu pflanzen. Eine Auswahl der Bäume wird mit Fachleuten festgelegt.

Aber nicht nur die Neuanpflanzung, sondern auch der Erhalt ist uns wichtig. Wir beantragen, dass der Umweltausschuss mit der Verwaltung eine Baumschutzsatzung erarbeitet und diese noch im Jahr 2023 in Kraft treten wird.

Abschließend möchte ich mich im Namen der Fraktion von Bündnis90/Die GRÜNEN ganz herzlich bei allen am Haushalt beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, insbesondere bei der Kämmerei namentlich Herrn Thomas Munschek mit seinem Team, bedanken. Ich möchte der Beratung einen sachlichen Verlauf wünschen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Elmar Holterhof                    

Es gilt das gesprochene Wort

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